©Jens Gloy

Eine Reise durch Kanadas Westen Teil 3

Nach einem weiten Bogen in Richtung Süden hatten wir den Fraser Canyon erreicht und hier in dieser einsamen, nur von einigen kleinen Ranches belebten Gegend, unsere ganz private Bärenbegnung, Wir trauten unseren Augen nicht, als in einiger Entfernung sich etwas Schwarzes am Straßenrand bewegte. Nach einem kurzen Halt zum Fertigmachen der Kamera rollten wir langsam darauf zu und konnten dann einen Bären erkennen, der mit tapsigen Schritten und immerwährender Umschau sich den Berg hinauf entfernte.

Nach einem weiteren Kurven um den Camelshoof Peak und den Fountain Peak NW3 herum erreichten wir über die „Bridge of the 23 Camels“ den Ort Lillooet auf der anderen Seite des Fraser River und damit unser Tagesziel.

Auch die Stadt Lillooet verdankt ihre Entstehung dem Goldrausch von 1858. Hier traf die Kanu-Route über den Harrison Lake wieder auf den Fraser River, der wegen seiner Stromschnellen flussabwärts von hier gefährlicher zu befahren war. Der Ort war wegen seiner Lage bestens geeignet als Ausgangspunkt für die weitere Reise zu den Cariboo-Goldfeldern. Schon bei der Anlage des Ortes wurde darauf geachtet, dass die Ochsen-, Maultier- und Pferdegespanne nach dem Entladen auf der Straße wenden konnten. Die Breite der Hauptraße ist heute noch ein Zeugnis davon.

Hier im Ort steht das Denkmal für „Mile 0“ der Cariboo-Pavillion-Route, der heutige Cariboo Highway / Highway 97. Alle weiter nördlich gelegenen Relais-Stationen bekamen die Entfernung in Meilen von Lillooet als Ortsnamen, die bis heute so genannt werden.
Um über den Fluss zu gelangen, wurde von 1860 bis 1888 eine Kabelfähre benutzt, die durch die Kraft des Wassers angetrieben wurde. Dann baute man eine Fachwerkbrücke, die im Jahr 1913 durch die heute „Old Bridge“ genannte Hängebrücke ersetzt wurde. Diese ist im Jahr 2004 restauriert im worden und dient jetzt als Fußgängerbrücke und Heimat für Fledermäuse.

Den heutigen Verkehr über den Fluss nimmt die neue „Bridge of the 23 Camels“ auf.
Die schweren Ladungen, die üblicherweise durch Pferde- Muli- oder Ochsen-Gespanne in Richtung Goldfelder transportiert wurden, brachten jemanden auf die Idee, dass dies auch Kamele tun könnten. Er beschaffte 23 2-höckrige Kamele aus Asien, was sich aber in dieser Umgebung schnell als Albtraum erwies. Die Kamele traten nach allem, was in ihre Nähe kam, fraßen an der Kleidung der Menschen und erschreckten durch ihre Ausdünstungen andere Tiere. Auch waren die Hufe nicht für die steinigen Wege geeignet, die Kamele verletzten sich und konnten nicht mehr laufen. So wurden sie von ihrem Eigentümer aufgegeben. Einige wurden geschlachtet, andere kamen in kalten Winterstürmen um, weitere wurden als Kuriositäten gehalten. Die am längsten überlebende Kameldame „The Lady“ starb um das Jahr 1896 auf einer Farm in Westwold, 250 km weit weg von ihrem ursprünglichen Einsatzort. Bevor die neue Brücke über den Fraser River 1981 offiziell eröffnet wurde, gab es einen Wettbewerb für die Namensfindung. Im Gedenken an diese originellen Kamele gewann „Bridge of the twenty-three Camels“.

Vor weiteren Fahrten in die Umgebung schauten wir uns am 17.09. den Ortskern zunächst zu Fuß an. Um die Geschichte des Ortes nicht in Vergessenheit geraten zulassen, wurde in einer ehemaligen Kirche das Heimatmuseum eingerichtet. Es gibt hier viele Gegenstände aus der recht kurzen Geschichte der weißen Einwanderer zu sehen, aber auch etliche Beispiele von Handwerkszeug der First Nations. Im Außenbereich kann man das alte Gefängnis bewundern und die Maschinentechnik der früheren Farmer. Lillooet wird auch als Hauptstadt des Jadesteins genannt, zur Anschauung wurde ein Rondell mit großen, polierten Jadeblöcken vor dem Museum arrangiert. Unter der Kirche ist die alte Redaktion der „Bridge River - Lillooet News“ erhalten, die 1934 von George Murray gegründet und von seiner Frau Margaret, wegen ihrer Popularität liebevoll „Ma“ Murray genannt, weitergeführt wurde.

Etwas nördlich auf der Westseite des Fraser River mündet der Bridge River und gibt den Stromschnellen im Fluss ihren Namen „Bridge River Rapids“, einer der bekanntesten Lachsfanggründe. Die Straße in das Bridge River Tal hinein, erschließt ein riesiges Hinterland. Zunächst noch asphaltiert, schlängelt sie sich später als Schotterstrecke etliche Meter über der Talsohle am Hang entlang.

Uns schien diese Straße interessant zu sein und so fuhren wir sie weiter und weiter. Herrliche Ausblicke in den Canyon, auf die andere Talseite und die umliegenden Berge ließen uns die schlechter werdende Fahrbahnoberfläche vergessen. Der Bridge River hat sich sein Fiußbett in ein Tal gegraben, dass zu Urzeiten mit verschiedenen Lagen aus Fels- und Sedimentgesteinen gefüllt war und damit eine Terrassenlandschaft geschaffen, die heute Raum gibt für einige kleine Farmen.

Die Wirkung des Wassers wurde uns an einer großen Flussschleife vor Augen geführt, die stark an ein überdimensioniertes Amphitheater erinnerte. Auch die Straße folgt dem oberen Rand dieses Omega-förmigen Bogens, dann zweigt eine Straße nach Moha ab, ein einsamer Ort, der nur noch aus einer Farm besteht und in der Liste der Geisterstädte geführt wird.
Von hier aus war die Straße auch wieder mit Asphalt besser befahrbar, dann brachten uns 4 Serpentinen zur Talsohle hinunter zu der Brücke, die über den Yalakom River führt, bevor der sich mit dem Bridge River vereinigt. Hier arbeiteten einige Leute an der Renovierung eines Hauses, die wir nach der nächsten Tankstelle fragen konnten. Die Antwort ließ uns dann nach einem weiteren Blick auf die Tankanzeige nur die Rückfahrt nach Lillooet übrig. Getankt haben wir dann in Fountain Flat, einem First Nations Reservat auf einem Hochplateau etwa 13 km nördlich von Lillooet. Dort wurde eine Tankstelle mit einem kleinen Imbiss- und Souvenier-Laden eingerichtet, um für die dort lebenden Bewohner eine weitere Einkommensquelle zu sichern.

Wie schon so oft, wurden wir auch in Lillooet mit der jungen Geschichte des Landes konfrontiert. Der Abend dieses Tages ließ uns noch genug Zeit, die makabere Seite des Goldrausches kennen zu lernen. Auf einem Plateau oberhalb der Hauptstraße stand zu Zeiten des Richters Sir Mathew Baillie Begbie, der von 1819 bis 1894 lebte, der Galgenbaum. Sir Mathew wird als kluger Mann beschrieben, der nicht nur als einer der ersten Offiziellen der Britischen Krone eingesetzt war, sondern auch künstlerische Begabung als Zeichner und Sänger besaß. Als Sprachkundiger konnte er Gerichtsverhandlungen in Shuswap- und Chilkotin-Sprache ohne Übersetzer führen, was ihm den Respekt auch der Urbevölkerung einbrachte. Seine Richtersprüche, die auch die Rechte der “kleinen Leute“ berücksichtigen, trugen dazu bei, den Frieden in seinem Bezirk zu sichern. Damals war die Todesstrafe durch Erhängen im Gesetz verankert. Wenn jemand als Mörder für schuldig erkannt wurde, gab es keine Möglichkeit, ein anderes Urteil zu fällen.

Für die Vollstreckung dieser Urteile war die Ponderosa-Kiefer gut geeignet, die oberhalb des Ortes auf einem kleinen Plateau stand, gut bekannt als Hangman’s Tree. Die Reste dieses Baumes wurden als Denkmal am Ort belassen, eine Tafel erinnert mit einem alten Foto an ihn. Sir Mathew, der 1857 von Königin Victoria in den Ritterstand erhoben wurde, ist eine kurze Beschreibung seines Lebensweges gewidmet.

Abgesehen von der historischen Bedeutung dieses Ortes lohnt das Hinauffahren auf dieses Plateau aber auch so. Man hat von hier aus einen guten Blick über Lillooet, den Fraser River und in das Tal des Seton Lake hinein.
Unerwartet viel Sehenswertes ließ uns den Aufenthalt in Lillooet verlängern und auch die weitere Fahrtroute noch einmal grundsätzlich ändern. Wir hatten trotz einiger zusätzlicher Tage an vielen Orten immer noch genügend Reservetage offen, auch von hier aus nicht direkt zurück nach Vancouver fahren zu müssen. Der Plan für heute, den 19. September sah dann auch die Weiterfahrt auf dem Highway 99 vor, aber nur bis Pemberton.

Aus Lillooet hinaus fährt man auf dem Highway 99 am Bahnhof vorbei über die alte Holzbrücke, die den Power Canal überspannt. Durch diesen Kanal fließt heute das Wasser, das zu einem großen Teil aus dem Bridge River bzw. dem Carpenter Lake stammt. Das „Bridge River Power Project“ verbindet heute diesen höher gelegenen Stausee über ein Fallrohr mit dem Seton Lake zur Energiegewinnung und entwässert letztlich durch den Kanal in den Fraser River.
Dann geht die Fahrt immer entlang dem Cayoosh Creek, der den Duffey Lake nährt, nach welchem diese Straße auch benannt wird. Kurz nach dem Passieren des Sees erreicht man in 1275 m Höhe den Cayoosh Pass, der auch die Wasserscheide bildet. Der Joffre Creek war nun unser Begleiter in Richtung Pemberton, der steil hinunter in den Lillooet Lake fließt. Einige schöne Serpentinen führten die Straße auf die gleiche Höhe und durch ein weites ebenes Tal nach Pemberton.

Leider war der Cayoosh Pass auch für uns im wahrsten Sinne eine Wasserscheide, denn pünktlich ab Lillooet Lake begann es zu regnen und hörte bis Pemberton auch nicht wieder auf. Zum Glück war Sonntag, auf den Straßen nichts los und der Bahnhof geschlossen. Unter dessen Vordach stand unser Motorrad im Trockenen und wir fanden ein ebensolches Plätzchen im nicht weit entfernten Italienischen Restaurant. Weil Pemberton im Regen nicht wirklich sehenswert ist, machten wir uns gesättigt gleich wieder auf den Weg zurück nach Lillooet. Es wurde zwar schon dunkel, aber der Regen hörte nach Überwindung des Cayoosh Passes wenigstens wieder auf.

Am Morgen des 20.September folgte jedoch die nächste Überraschung. Über Nacht hatte es nicht nur geregnet, sondern die höheren Berghänge mit ihren Tannen waren mit Neuschnee weiß gepudert. Das Motorrad musste bei leichtem Tröpfeln von oben gepackt werden, die Abreise nach dem letzten Frühstück beim deutschstämmigen Bäcker fiel uns im Hinblick auf das Wetter aber nicht schwer. Axel und Elke Sterrmann gründeten die „Lillooet Bakery“ im Jahre 1986 und bedienen die Einwohner mit allem, was wir auch hier in Deutschland in einer Meisterbäckerei finden.

Weil wir in Hope bei den „Bears“ so gut aufgehoben waren, hatten wir von Lillooet aus nach einer nochmaligen Übernachtung gefragt und eine Zusage bekommen. Auf dem Highway 12 fuhren wir dem trüben Wetter davon, die Straße brachte uns immer entlang am Fraser River ohne viel Verkehr und mit schönen Kurven bis nach Lytton. Hier trafen wir wieder auf den schon bekannten Highway 1, der nun in entgegengesetzter Richtung wieder neue Aussichten bot.
Kurz vor Kanaka Bar überspannen die „Cisco Bridges“ den Fraser River. Beiderseits des Flusses verlaufen die Gleise der Eisenbahnen, auf der einen die Canadian Pacific Railway, auf der anderen die Canadian National Railway. Hier an dieser Stelle wechseln die Bahnen das Flussufer. Die Route der CPR wurde 1883 als etwas leichtere Strecke zuerst über den Fluss geführt, die heutige Brücke stammt aus dem Jahr 1910. Das Süd-Ende der Brücke führt direkt in den Cantilever Bar Tunnel am Cisco Bluff.

Als die CNR später ihre Strecke baute, musste sie zwangsläufig an dieser Stelle das Flussufer wechseln. Dazu kreuzte sie mit einer Brücke zunächst die Gleise der CPR und dann den Fluss hinüber auf die andere Seite. Diese Stelle ist ein beliebter Aussichtspunkt für Eisenbahn-Liebhaber, die Züge verkehren häufig, dabei kommt es vor, dass beide Brücken gleichzeitig befahren werden.

Zur Mittagszeit fanden wir, direkt am Highway gelegen, das „Kanaka Bar Café“ mit chinesischer und kanadischer Küche. Wir waren die einzigen Gäste und wurden sehr freundlich und aufmerksam mit gutem Essen bedient. Wir wunderten uns zunächst über den Ortsnamen, es wird hier das Wort „Bar“ aber nicht im Sinne von „Nachtlokal“ gebraucht. Der Name des Ortes stammt auch aus der Goldgräberzeit, als einige Leute aus Hawaii, im damaligen Slang „Kanakas“ genannt, auf einer Sandbank im Fraser River nach Gold schürften.
Vielleicht hätten wir die Pause kürzer gestalten und auch den Halt an der Hell’s Gate lassen sollen. So war die Fahrt durch das Fraser-Tal zwar wieder sehr schön, aber kurz vor Hope hatte uns das Wetter von Lillooet wieder eingeholt und wir fuhren bei strömendem Regen bei den „Bears“ auf den Hof. Selbst der große Kastanienbaum bot nur wenig Schutz beim Auspacken des Motorrades, alle Sachen mussten erst auf der Veranda vor dem Haus zum Trocknen ausgebreitet werden.

Der Morgen des 21. September entschädigte uns mit strahlend blauem Himmel und Sonnenschein für die nasse Fahrt des Vortages. Das gute Frühstück, das uns Johanna servierte, machte uns den Abschied von den Cochranes schwer, aber wir hatten uns für heute vorgenommen, bis nach Whistler zu fahren. So hielten wir noch kurz nach dem Tanken an dem kleinen Totempfahl, den der Rotary-Club gespendet hat, um die Kettensägen-Schnitzerei im Ort zu unterstützen.

Mit dem Ort Hope hatten wir wieder die Grenze zum „Lower Mainland“ erreicht, anders ausgedrückt, hörten jetzt die Berge auf. Um wenigstens noch ein paar Kurven mitzubekommen, wählten wir den Highway 7, der am Fuß der Berge entlang den nördlichen Rand des Fraser-Deltas erschließt. Bis Mission hatten wir wenig Verkehr und genossen die landwirtschaftlich geprägte Gegend.

Ein kurzer Fahrzeugstau auf der Brücke des Stave River ließ uns Zeit, bei den Arbeiten der direkt am Fluss unter der Brücke gelegenen Watkins-Sägemühle zuzuschauen. Große Holzflöße waren auf dem Fluss verankert und warteten auf die Verarbeitung.

Die Nähe Vancouvers machte sich dann durch dichtere Bebauung bemerkbar, die wir auf dem Highway 1 umfahren wollten. also verließen wir den Highway 7 in Pitt Meadows und fuhren über die erst im Jahr 2009 eröffnete „Golden Ears Bridge“ zum Trans Canada Highway. Dieses ist eine so genannte „Extradosed-Brücke, die konstruktiv das Tragverhalten einer Schrägseilbrücke und einer Balkenbrücke miteinander kombiniert. Diese Bauweise wurde in Japan entwickelt und ist sehr wirtschaftlich, weil die Pylone deutlich niedriger sein können als bei einer reinen Schrägseilbrücke und andererseits der Überbau eine geringere Bauhöhe benötigt als die einer Balkenbrücke. Die „Golden Ears Bridge“ erreicht eine freie Durchfahrtshöhe von 40 m bei einer Spannweite von 2410 m und ist damit die größte Brücke dieser Art in Nordamerika.

Auf dem Highway 1 kamen wir zunächst schnell voran, bis sich der Verkehr wieder staute, diesmal vor der „Port Mann Bridge“. Diese stählerne, 5-spurige Brücke wurde 1964 im Zuge des Autobahnbaus eröffnet und gehört mit einer Stützweite von 603 m zu den längsten Bogenbrücken der Welt. Jedoch sind ihre Tage gezählt, weil sie dem heutigen Verkehr nicht mehr gewachsen ist. Im Jahr 2008 begann der Bau der neuen „Port Mann Bridge“ parallel zur alten, die bei der Fertigstellung im Jahr 2012 über insgesamt 10 Fahrspuren verfügen wird. Diese Brücke wird ca. 2,2 km lang sein und den Fraser River in einer Höhe von 42 m überspannen. Mit einer Breite von 50 m gehört sie dann zu den breitesten Schrägseilbrücken der Welt.

Die nächste Brücke auf dem Weg nach Nord Vancouver ist dann der „Ironworkers Memorial Second Narrows Crossing“, der den „Burrard Inlet“ an der zweiten Engstelle des Fjordes überquert. Durch menschliches Versagen kam es kurz nach Baubeginn zu einem schweren Unfall, bei dem ein Teil der Brücke einstürzte und 79 Arbeiter mit sich in die Tiefe riss, 18 von ihnen konnten nicht gerettet werden. Fertig gestellt wurde die Brücke dann im August 1960 und bekam dann im Jahr 1994 zu Ehren der ums Leben gekommenen Eisenarbeiter ihren heutigen Namen.

Wir hatten die richtige Fahrtrichtung und konnten einen Blick auf die parallel und etwas tiefer unter uns verlaufende Eisenbahnbrücke werfen. Das ist die „Second Narrows Bridge“, die Trassenführung für die ursprüngliche Möglichkeit, den Burrard Inlet an dieser Stelle zu überqueren. Im Jahr 1925 konnte die erste Brücke als Klappbrücke erbaut werden. Zunächst nur für den Straßenverkehr vorgesehen, konnten ein Jahr später auch Züge das nördliche Ufer erreichen. Die private Brückengesellschaft war mit dem Bauwerk vom Pech verfolgt. Mehrmals kollidierten Schiffe mit den Brückenpfeilern und beschädigten sie schwer. Die Gesellschaft wurde zahlungsunfähig und konnte die Reparaturen nicht mehr bezahlen. Erst als im Jahr 1933 die Provinzregierung die Brücke kaufte, wurde sie wieder instand gesetzt. Das Klappteil wurde durch ein Hubelement ersetzt und Straßen- und Schienen-Verkehr konnten 1934 wieder rollen. Der Bau der reinen Straßenbrücke, auf der wir fuhren, setzte die Regierung in die Lage, die alte Brücke für den symbolischen Betrag von einem Dollar an die Canadian National Railway zu verkaufen. Die Eisenbahngesellschaft baute 1969 unmittelbar östlich in gleicher Höhe eine neue Brücke für ausschließlichen Schienenverkehr mit einem höher hinaufziehbaren Mittelteil und brach die ursprüngliche Brücke im Jahr 1970 ab.

Bei Horseshoe Bay verließen wir den Trans-Canada Highway. Hier beginnt der Sea-to-Sky-Highway, der uns bis zu unserem heutigen Ziel bringen sollte. Immer am Ufer des Howe Sound entlang geht es bergauf und bergab mit vielen kurven in flotter Fahrt in Richtung Whistler. In Lions Bay bietet das Gelände zwischen Wasser und Berg wenigen Häusern und einer Gastwirtschaft Platz. Hier legten wir bei Kaffee und Kuchen eine kleine Pause ein und genossen den Blick über das Wasser und die Inseln im Sund.

Lions Bay bekam den Namen durch die beiden markanten Berggipfel im Küstengebirge, dem „West Lion“ und dem „East Lion“. Hier beginnt der Binkert Trail, benannt nach Paul Binkert, einem Mitglied des „British Columbia Mounteneering Club“, der sich die Erforschung des Küstengebirges auf seine Fahnen geschrieben hat. Von den Indianern werden die beiden Berggipfel „Die Schwestern“ genannt, nach der Sage, dass der Friede zwischen dem Stamm der Squamish durch die Heirat mit Zwillingsbrüdern des Haida-Stammes eingeleitet wurde und bis heute besteht.

Von Lions Bay aus startet auch der Howe Sound Trail mit einem direkten Aufstieg zum „Unnecessary Mountain“, der „Unnötige Berg“. Dieser nahe bei den „Lions“ gelegene Gipfel bekam seinen Namen, weil es nicht nötig ist erst diesen zu besteigen um jene zu erreichen.
Von Lions Bay nach Whistler sind es noch 90 km, so machten wir uns gleich nach Kaffee und Kuchen auf den Weg dorthin. Der Sea-To-Sky-Highway ändert seinen Charakter auch nach dem Ende des Howe Sound bei Squamish nicht, bietet Kurven und Ausblicke über’s Wasser, jetzt aber über die Binnenseen geformt durch den Cheakamus River und dessen Staustufe, dem Daisy Lake.

Dieser ehemals natürliche See wird seit den 1950er Jahren nach dem Aufstauen, bei dem auch der Shadow Lake entstand, zur Energiegewinnung genutzt, indem ähnlich wie beim zuvor beschriebenen „Bridge River Project“ das Wasser über einen Tunnel zum tiefer gelegenen Squamish River geleitet und damit Turbinen angetrieben werden.

Das an den Daisy Lake anschließende Whistler Tal war schon für die Ureinwohner eine traditionelle Handelsroute, bevor die ersten britischen Besucher eintrafen. Die nannten das Gebiet „London Mountain“, doch setzte sich später die Benennung nach dem Pfeifen der Murmeltiere durch. Die natürliche Schönheit des Gebietes und die Fertigstellung der Pacific Great Eastern Railway im Jahr 1914 zog viele Leute in diese Gegend und es entstanden frühe Gästehäuser für Naturliebhaber. Aber erst in den Anfängen der 1960er Jahre begann man mit den Versuchen, hier ein Skigebiet zu errichten. Im Jahr 1966 fuhren die ersten Lifte und dann kam die Bewerbung für die Olympischen Winterspiele 1968. Whistler-Blackcomb entwickelte sich zum größten Skigebiet in Nordamerika, richtete die Snowboard-Weltmeistersachaft 2005 aus, 2008 Weltcup-Wettbewerbe und in 2010 nochmals Olympische Winterspiele.

Wie schon am Apex Mountain macht ein Skigebiet im Sommer nicht viel her, im Ort selber war nur wenig Betrieb und so machten wir uns auf den Rückweg zu unserem Motel in Squamish, mit den von der untergehenden Sonne golden beleuchteten Berggipfeln zu unserer Linken.
Wenn man von Whistler aus den Ort Squamish erreicht, kann man die bedeutendste Landmarke oberhalb der Stadt nicht übersehen. Der “Stawmus Chief“, ein riesiges Granitmassiv, ragt steil auf und dominiert die Landschaft. Dieser Berg ist bei Kletterern sehr beliebt, es gibt fast 300 Routen, die auf die drei Gipfel hinaufführen, darunter auch solche, die zwar steil, aber ohne die ganz große Kletterausrüstung zu bewältigen sind. Squamish erhielt seinen Namen von dem dort lebenden Indianerstamm, der Berg wurde nach deren Dorf benannt, das an seinem Fuße liegt.

Schon von den ersten Europäern, die in diese Gegend kamen, wird berichtet, dass die hier lebende Urbevölkerung das Metall Kupfer viel mehr schätzte als das Eisen. Bedeutende Vorkommen an Kupfererz, die Prospektoren 1888 entdeckten, ließen dann auch die einstmals größte Kupfermine des Commonwealth im Ort Britannia Beach entstehen. Die gesamte Geschichte der Kupfermine verlief bis auf einige Boom-Jahre nicht sehr glücklich, die Umweltverschmutzung war gewaltig und der Ort konnte bis zum Bau der Straße und der Eisenbahnlinie nur mit dem Schiff erreicht werden. Als dann der Kupferpreis sank, ging die Firma 1959 in die Liquidation. Noch einmal im Jahr 1963 wurde die Mine eröffnet und produzierte bis 1974 etwa 60.000 Tonnen Kupferkonzentrat, doch dann kam das endgültige „Aus“ und die Umwandlung in ein Museum begann.

Dem heutigen „Britannia Mine Museum“ galt dann auch unser Besuch am 22.09., um uns die damalige Technik der Gewinnung von Kupfererz anzusehen. In das Museum wurde sichtbar viel Geld investiert, die ursprünglichen Gebäude zum großen Teil renoviert und ein modernes Eintrittsgebäude errichtet. Die große 8-stufige Halle des Konzentrators erhielt eine neue weiße Fassade, die sie unübersehbar macht und zu einem Besuch auffordert. Die Fahrt mit der Grubenbahn, die Erklärung der Gewinnung von Kupferkonzentrat und das anschließende Goldwaschen ließen auch wir uns nicht entgehen. Mit zwei gefundenen Goldstücken verließen wir das Gelände.

Es war erst früher Nachmittag und, obwohl sich jetzt unser Aufenthalt in Kanada dem Ende näherte, hatten wir noch nicht den rechten Willen, wieder nach Richmond zurückzufahren. So war es einen Versuch wert, noch einen Blick auf die Weißkopfseeadler in Brackendale zu werfen. Dieser Ort nennt sich selbst „Welthauptstadt der Adler“. Hier, kurz nach dem Zusammenfluss von Squamish und Cheakamus River hat sich eine kleine Insel gebildet, die den Weißkopf-Seeadlern einen ungestörten Platz zum Überwintern bietet. Das maritime Küstenklima hier ist im Sommer mild und trocken, im Winter mild und feucht, bedingt durch das umgebende Küstengebirge und die Nähe des Howe Sound. So finden sich regelmäßig hunderte der Greifvögel zum „Eagle Run“ ein, durch die wandernden Lachse mit genügend Futter versorgt, um die ansonsten nahrungsarme Jahreszeit zu überstehen.

Doch jetzt waren die Adler nur auf einem Bild zu betrachten, wir waren wohl noch etwas zu früh im Jahr hier, um dieses Schauspiel zu erleben. Ein gutes Stück warmer Apfelkuchen mit Eiscreme und eine Tasse Kaffee im „Watershed Grill“ direkt am Flussufer und auf der Terrasse von der warmen Nachmittagssonne beschienen, half uns über die Enttäuschung hinweg.
Die Sonne begleitete uns auch noch den Weg an der Howe-Sound-Küste zurück, bis wir über die Lions-Bridge hinweg im Stau der Rush-Hour in die Schluchten von Vancouver-Downtown eintauchten. Die Zivilisation hatte uns zurück, unser Zimmer im Comfort Inn in Richmond war schnell bezogen.

Am 23.09. wurde das Motorrad nur benutzt, um noch einmal bei Carter Motorsports vorbeizuschauen und ein bestelltes Zurüstteil abzuholen. Der Mechaniker in der Werkstatt erbat sich etwas Zeit, um zu prüfen, ob ein direkter Anbau möglich sei. Ein Wenig „Sightseeing“ auf Granville Island diente zu deren Überbrückung, war letztlich aber vergebens, da die Montage zu aufwändig geworden wäre.

Etwa 10 Minuten Fußweg von unserem Hotel entfernt war eine Station des automatisch und führerlos fahrenden „Sky-Train“, mit dem wir uns auf den Weg in die Innenstadt von Vancouver machten. Dort fährt die Bahn unterirdisch und beim Auftauchen aus dem Untergrundbahnhof fanden wir uns im dicksten Getümmel der Großstadt wieder. Dieser Betrieb war für uns so ungewohnt geworden, dass wir uns auf den Turm des „Harbour Centre Complex“ fahren ließen, um die Stadt von oben zu betrachten. Nach einer kurzen Stippvisite im Vergnügungsviertel „Gastown“ kehrten wir dem Getriebe der Innenstadt den Rücken und genossen den Abend im direkt gegenüber unserer Herberge gelegenen italienischen Restaurant „Italian Tomato“.

Das Entgegenkommen der Spedition Swissport Cargo ermöglichte uns, den Besuch des großen Vulkanberges „Mount Baker“ im US-Staat Washington wahr zu machen. So starteten wir am 24.09. zu diesem Abstecher in die USA. Für den Hinweg hatten wir eine Route ausgewählt, die über Land den direkten Weg zur Grenze nach Sumas führte. Das war in der Nachschau keine gute Wahl. Zwar ging es über kleinere Straßen, aber die führten von einer Kleinstadt in die nächste, sodass wir nur sehr langsam vorankamen. Den Stau vor der Grenze nutzten wir zu einer kleinen Zwischenmahlzeit, um uns dann ins Getümmel der wartenden Autos zu stürzen.
Es dauerte fast endlos lange, bis wir den Kontrollpunkt erreichten und dann auch noch beim Grenzbeamten jeder den kompletten Einreisevorgang durchlaufen musste. Um 15.30 Uhr und 12.00 US-$ ärmer dann endlich grünes Licht für die Weiterfahrt. Mit Erreichen der Highways WA-547 / 542 waren wir dann fast alleine unterwegs und fuhren diese schönen Straßen mit vielen Serpentinen und Fotostopp am Picture Lake bis hinauf zum großen Aussichtspunkt am „Artist Point“.

Mount Baker ist mit seinen 30.000 Jahren erdgeschichtlich gesehen ein recht junger Berg und ruht auf der Flanke des seit 300.000 Jahren erloschenen und erodierten „Black Buttes“. Mit seiner Höhe von 3.285 m liegt der Gipfel in der Zone des ewigen Eises, aber dicht unter seinen dicken Gletschern liegt eine Magmakammer. Der letzte Ausstoß von flüssiger Lava liegt etwa 9.000 Jahre zurück, doch wurde von Siedlern um das Jahr 1800 ein Ascheausstoß beobachtet und 1975 trat heißer Dampf aus, der einen Teil des Eises schmelzen und im Sherman Crater einen See entstehen ließ. Der gewaltige Vulkan, die Stein gewordenen Zeugen der Lavaflüsse und die umliegenden Gipfel des Kaskaden-Gebirges mit den vielen Schneefeldern ließen uns fast die Zeit vergessen. Die hinter Wolken und den Bergen versinkende Sonne mahnte uns zur Rückkehr. In der hereinbrechenden Dunkelheit nahmen wir dann den schnelleren Weg zurück und ohne weitere Grenzkontrolle nach Richmond.

Für den 25.09. hatten wir ein Treffen mit Renate und Jürgen in Vancouver vereinbart, die zur gleichen Zeit, nur in entgegengesetzt zu unserer Fahrtrichtung, durch British Columbia und Alberta gereist waren. Auch für sie war jetzt das Ende der Reise gekommen und so wollten wir gemeinsam den Abschied von Kanada gestalten.

Das Motorrad ließen wir auch dieses Mal im Hotel und fuhren wieder mit dem Sky Train bis zur Waterfront Station. Hier sind alle Verkehrssysteme verknüpft, die Kanada nach innen und nach außen verbinden. Die ersten Besucher gingen hier an Land, für den Ausbau der Sägemühlen kam hier das Material an, die ersten Schiffe für den Abtransport von Holz ankerten hier, die Einwanderer der Goldrauschzeit gingen hier an Land und der erste transkontinentale Eisenbahnzug erreichte hier am Pier B-C das westliche Ende Kanadas. Heute kann man moderne Verbindungen sowohl nach Außen als auch nach Innen von hier aus in kürzester Zeit erreichen. Die größten Kreuzfahrtschiffe legen am Pier des „Canada Place“ an, der größte Hafen für Wasserflugzeuge liegt in der Nähe und die Waren werden im Container-Terminal direkt von den Überseeschiffen übernommen. Der „SkyTrain“ verbindet mit dem Vancouver International Airport und die „SeaBus-Ferry“ mit North Vancouver.

Im Jahr 1978 begannen die gemeinsamen Planungen von Bundes-, Landes- und Stadtverwaltung, am Pier B-C ein Zentrum für Hotels, Kreuzfahrt-Anleger und Kongresse einzurichten. Es wurde die Canada Harbour Place Corporation gegründet, die heute als Canada Place Corporation bekannt ist. Während der Planungen ergab es sich, dass das Projekt „Canada Place“ als kanadischer Pavillon für die EXPO ‚86 genutzt werden sollte und Königin Elisabeth II. startete zusammen mit Premierminister Pierre Trudeau und dem Ministerpräsidenten von British Columbia, William R. Bennett, mit der ersten Betonschüttung am 9. März 1983 den Bau.

Nach der Eröffnung am 2. Mai1986 durch Prince Charles und dem zu der Zeit regierenden Premierminister Brian Mulroney verzeichnete der Pavillon mehr als 5 Millionen Besucher bis zu seiner Schließung am 13. Oktober. Mit der Umwandlung in das „Vancouver Trade and Convention Centre“ ging das Gebäude in den Besitz der Provinz British Columbia über als Dauergabe für das kanadische Volk.

Canada Place erwies sich als guter Treffpunkt mit Renate und Jürgen. Gemeinsam sahen wir den großen Kreuzfahrtschiffen beim Ablegen, den Wasserflugzeugen bei Start und Wasserung zu und machten dann einen kleinen Spaziergang durch Gastown. den wir mit einem Abschiedsessen in Malones Bar und Grill beendeten.

In Gastown steht die weltweit erste, mit Dampf betriebene Straßenuhr. Diese Uhr wurde 1977 von Ray Saunders gebaut und benutzt als Antrieb den Abdampf aus der städtischen Fernheizung. Eine kleine Dampfmaschine treibt eine endlose Förderkette mit Schaufeln an, die Stahlkugeln über das Uhrwerk befördert. Oben angekommen, wechseln die Kugeln auf die eigentliche Antriebskette des Uhrwerks, die dann mit ihrem Eigengewicht die kleine Turmuhr in Gang halten. Dieser endlose Prozess dauert für jede Kugel etwa 4 1⁄2 Minuten. Außerdem wird im Uhrwerk ein Gerät betrieben, wie es sich normalerweise in einer Musikbox befindet. Auf einer Walze ist ein Stiftesatz montiert, der Mikroschalter betätigt und damit über Magnetventile Dampf zu den Pfeifen über den Zifferblättern leitet. Nur hier und zur Beleuchtung der Uhr bei Dunkelheit wird elektrischer Strom benötigt. Alle Viertelstunde ertönt so die bekannte Westminster-Melodie, die große Pfeife an der Spitze der 5,5 m hohen Uhr ertönt zu jeder vollen Stunde.

Mit dem Besuch bei dieser Sehenswürdigkeit, die heute noch von ihrem Erbauer gewartet wird, beendeten wir unseren Aufenthalt in Vancouver. Der SkyTrain brachte uns nach Richmond zurück, wo wir uns auf unsere Abreise vorbereiten mussten.

Der 26.09. war gekommen, der späteste Termin zur Aufgabe des Motorrades für den Rücktransport. Reibungslos ging auch diesmal die Übergabe an die Spedition vonstatten. Nunmehr auf des Schusters Rappen angewiesen, gönnten wir uns ein gutes Essen in fußläufiger Entfernung zu unserem Hotel.

Früh am Morgen des 27. 09. bestiegen wir mit unserem wieder vollständigen Gepäck den Shuttle-Bus zum Flughafen. Der Air Canada-Flieger brachte uns zunächst wieder nach Toronto, wo wir dann nach nur kurzer Übergangszeit die Lufthansa-Maschine bestiegen, mit der wir zurück nach Düsseldorf flogen.

Mit der Abholung des Motorrades auf eigenen Rädern am 01. Oktober hatten wir alles wieder zu Hause zurück, nur unsere Gedanken und Gespräche drehten und drehen sich noch heute oft um die vielen Eindrücke und Erlebnisse während dieser Reise. Die 40 Tage, die wir für die Reise hatten und die gefahrenen 4.542 Meilen oder 7.310 km werden uns noch lange in Erinnerung bleiben und für Gesprächstoff sorgen.